Ein Volksfeind

Dem heimischen Stadttheater ist mit seiner Inszenierung von Ibsens Volksfeind zum ersten Mal gelungen, dass ich nach dem Stück mindestens genauso heftig über die Mechanismen unserer Gesellschaft wie über die Logik des Stücks debattiert habe. Die Leistung der Schauspieler war nur am Rande ein Thema und das ist vielleicht das Besondere: Sie haben etwas transportiert und sich nicht selbst produziert. Vielleicht soll Theater so sein.

Johannes Bruggaier vom Südkurier knüpft in seiner Besprechung  an die Radikalisierung der Pegida-Bewegung an. Daran hätte ich zwar nicht im Entferntesten gedacht. Aber so ist das mit guten Stoffen – jeder entnimmt ihnen etwas (anderes). Auch ich musste an die zunehmende Verschärfung des gesellschaftlichen Diskurses denken, die wir momentan erleben. Und darum geht es in dem Stück. Aktualität ohne verkrampfte Aktualisierung – noch ein Kompliment, das ich loswerden muss.

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Der zerbrochene Krug

Immer mal wieder kann man im Konstanzer Stadttheater was erleben. So auch am 19.02.2016 bei der Aufführung von Heinrich von Kleists Zerbrochenen Krug. Wenn Zuschauer den Saal verlassen und gerufen wird, der Regisseur möge die Schauspieler endlich erlösen, weiß man, dass Theater noch provozieren kann. Das ist gut.

In der Tat wurde auch mir etwas unwohl, als die Schauspieler begannen, nackt über die Bühne zu springen und die Kulissen niederrissen. Aber ich war hellwach, wie wohl jeder im Saal. Das ganze Stück schien eher eine Dekonstruktion des Kleist’schen Lustspiels zu sein. Der hochgelobte Text wurde gelangweilt oder übertrieben pathetisch rezitiert, ohne irgendeine Zuordnung zu den Schauspielern. Jeder spielte jede Rolle, völlig wahllos, dafür aber aufs Feinste kostümiert. Es erinnerte ans Absurde Theater und Dada 2.0 schoss mit durch den Kopf.

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Besuch der alten Dame

Die Premiere am Freitag war insofern interessant, als ich mal wieder deutlich gemerkt habe, wie entscheidend ein Theaterstück von der Leistung der Schauspieler lebt. Nur diesmal leider von der falschen Seite, wenn man so will. Die Rolle der alten Dame wurde von einer jungen Frau gespielt. Man mag das für eine mutige Entscheidung halten, doch hebt das die Messlatte für die schauspielerische Anforderung noch einmal an und wenn sie nicht ohnehin zu hoch lag, dann spätestens nach dieser Entscheidung. In diesem Stück hängt m.E. mindestens 50 % allein daran, wie glaubwürdig die  Claire Zachanassian verkörpert wird. Wenn die Rolle nicht passt, geht gar nichts. Schade, dass das Stück so ruiniert wurde. Die typischen Konstanzer Klaumaukeinlagen waren auch mal wieder eher peinlich als hilfreich.

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Ruiniert ruiniert

Letzten Freitag habe ich mal wieder mein Premieren-Abo am Stadttheater Konstanz genutzt. Das Stück: „Ruiniert“ der amerikanischen Dramatikerin Lynn Nottage, inszeniert von Oliver Vorwerk. Dieser hat das Stück leider ruiniert. Aber der Reihe nach.

Das Stück spielt im Kongo und zeigt, wie Mama Nadi in ihrem Bordell ein Stück geordnete Welt inmitten des afrikanischen Kriegswahnsinns betreibt. Nach und nach spitzen sich die Zustände zu und machen auch vor den Türen des Bordells keinen Halt. Im Mittelpunkt steht das Schicksal der ruinierten Mädchen.

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